Gesundheit auf Rädern – Automotive Health als Zukunftsfeld der Autoindustrie?
Im Saarland ist mit dem Zentrum für Digitale Neurotechnologien Saar (CDNS) seit seiner Gründung im Jahr 2021 ein bundesweit einzigartiges Kompetenzzentrum entstanden. Gemeinsam mit der Universität des Saarlandes, der htw saar und dem ZeMA erforscht das CDNS, wie digitale Technologien und Neurowissenschaften das Leben von Menschen verbessern können – von der Medizin über die Industrie bis hin zur Mobilität der Zukunft.
Universitätsmedizin als Schlüsselakteur im Zukunftsfeld Automotive Health
Automotive Health verbindet Mobilität, Digitalisierung und Gesundheit – ein Feld mit großem Potenzial, das sich aktuell erst entwickelt. Die Universitätsmedizin kann dabei eine Schlüsselrolle übernehmen: Sie bringt klinische Validität in die Entwicklung von Fahrzeugsensoren und Algorithmen, nutzt Real-World-Daten für Forschung und eröffnet Chancen für Prävention und Früherkennung etwa von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder neurodegenerativen Erkrankungen. Auch eine verbesserte Rettungskette durch direkte Fahrzeug-Klinik-Kommunikation ist denkbar.
Das Auto als Gesundheitszentrum?
Die Branche steht an der Schwelle zu Fahrzeugen, die weit über reine Mobilität hinausgehen. Mit smarter Sensorik und innovativen Gesundheitsdiensten kann das Auto künftig aktiv zur Vorsorge beitragen – indem Fahrzeit zur Gesundheitszeit wird. Ein Schlüssel dazu ist das Driver Monitoring: Systeme, die den Zustand der Fahrerin oder des Fahrers kontinuierlich überwachen. Sie erkennen Müdigkeit, Ablenkung, Stress oder akute medizinische Notfälle und erhöhen damit nicht nur die Verkehrssicherheit, sondern eröffnen auch neue Ansätze für Prävention und Gesundheitsversorgung.
Paradigmenwechsel gefordert: Mobilität und Gesundheit zusammendenken
Technologien wie Müdigkeitserkennung oder Systeme zur Erkennung von Stress und Herzinfarkten sind bereits verfügbar, werden aber noch zu oft als technisches „Nice-to-have“ betrachtet. Ihr Potenzial bleibt im Gesundheitswesen häufig ungenutzt, statt als strategisches Zukunftsfeld verstanden zu werden.
Dabei reicht Automotive Health über Technik im Auto hinaus: Wer Gesundheitsdaten intelligent erhebt und in nutzerfreundliche Services übersetzt, schafft echten Mehrwert und erschließt neue Geschäftsmodelle. „Health as a Service“ eröffnet Herstellern die Chance, über den klassischen Autoverkauf hinaus gesellschaftlichen Nutzen zu stiften – bis in die Gesundheitsversorgung hinein.
Die Herausforderung: Viele Hersteller verharren im klassischen Ingenieursdenken. Statt allein Technik zu perfektionieren, braucht es den medizinischen Blickwinkel und die Vision, Mobilität und Gesundheit zusammenzudenken. Vertrauen, klare Kommunikation und alltagstaugliche Lösungen sind entscheidend, damit Assistenzsysteme, Driver Monitoring und Gesundheitsservices tatsächlich genutzt werden.
General Safety Regulation (GSR) ab 2026
Die EU-General Safety Regulation schreibt ab Juli 2026 eine Reihe von Fahrerassistenzsystemen für alle neu zugelassenen Fahrzeugklassen verpflichtend vor – u. a. Notbremsassistent, Spurhalteassistent, Müdigkeits- und Aufmerksamkeitsüberwachung (Driver Monitoring) sowie Systeme zur Ereignisdatenspeicherung. Ziel ist es, die Verkehrssicherheit europaweit deutlich zu erhöhen. Für Automotive Health kann die GSR ein echter Gamechanger werden. Sie macht Driver Monitoring zum Standard in jedem Fahrzeug. Damit entsteht die Basis, Assistenzsysteme nicht nur zur Unfallvermeidung, sondern auch für Prävention und Gesundheitsversorgung einzusetzen.
In der Veranstaltung diskutieren wir gemeinsam mit dem Mediziner, Autor und „Erfinder“ des Begriffes Automotive Health, Dr. Manfred Knye, über die Herausforderungen, wie „Health as a Service“ zum echten Gamechanger werden kann, welche Use-Cases sich eignen, welche neuen Geschäftsmodelle entstehen – und wie Automobilhersteller ihre Rolle vom reinen Technologieanbieter hin zum verlässlichen Gesundheitsakteur weiterentwickeln können.
Programm
14.00 Uhr
Ankommen und Registrierung (Möglichkeit zur Fahrzeugbesichtigung)
14.30 Uhr
Begrüßung und Einführung
Prof. Dr. Dr. Daniel Strauss
14.45 Uhr
Impulsvortrag: Automotive Health zwischen Disruption und strategischer Notwendigkeit
Dr. med. Manfred Knye, Orthopäde & Geschäftsführer Medizinische Hard- und Software
15.15 Uhr
Mobilität trifft Medizin: Intelligente Assistenzsysteme als Brücke zwischen Mobilität und Medizin
Dr. Norbert Pfleger, semvox GmbH
15.30 Uhr
Driver Monitoring Systems in Virtual Vehicle Development
Dr. Pascal Piecha, IPG Automotive
15:45 Uhr
Automotive Health braucht Brückenbauer – Zwischen Fahrzeugsystem und Versorgungspfad
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Michael Czaplik & Benedikt Hürter, Docs in Clouds TeleCare GmbH
16:00 Uhr
Orthopädie unterwegs – Der virtuelle Therapeut im Fahrzeug
Univ.-Prof. Dr. med. Stefan Landgraeber, Direktor der Klinik für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie
16:15 Uhr
Pause (Möglichkeit zur Fahrzeugbesichtigung)
16:30 Uhr
Workshop: Einführung und Moderation Business Model Canvas Automotive Health
Lennardt Söhngen, Projektmanager DiSerHub am FIR RWTH Aachen
18:45 Uhr Zusammenfassung & Next Steps
Prof. Dr. Dr. Daniel Strauss, Dr. med. Manfred Knye
Ab 19.00 Uhr
Empfang & Netzwerken
Zielgruppen
Akteure aus der Wissenschaft, der Automobilindustrie, der Gesundheitswirtschaft, Kostenträger, Versicherungen, der Zivilgesellschaft, wie Patientenvertretungen, Verbände & Institutionen als Multiplikatoren, um in einen interdisziplinären Austausch zu gelangen und verschiedene Perspektiven in die Diskussion einzubringen.
Dr. Manfred Knye
Oberarzt Kinderorthopädie am Klinikum Wolfsburg, Fa. Dr. med. Manfred Knye, Medizinische Hard- und Software, Gemeinschaftspraxis Kinder- und Jugendmedizin Gifhorn-Wolfsburg
Prof. Dr. Dr. Michael Czaplik
Gründer und Geschäftsführer der Docs in Clouds TeleCare GmbH, Professor für Anästhesiologie und Intensivmedizin an der RWTH Aachen sowie einer der Miterfinder des Telenotarztes
Lennardt Söhngen
Projektmanager und Doktorand am FIR an der RWTH Aachen
Dr. Norbert Pfleger
Managing Director semvox GmbH