Saarland-Repräsentant im Silicon Valley zum Autonomen Fahren
Julian Bartsch ist der von Saarland International beauftragte Repräsentant im Silicon Valley. Er beantwortete uns einige Fragen dazu, wie weit das Thema Autonomes Fahren im High-Technology-Standort Silicon Valley bereits gediehen ist und wie die hiesige Automobilindustrie davon profitieren kann.
Was sind die aktuellen Trends beim Thema Autonomes Fahren im Silicon Valley?
Julian Bartsch: Die technologischen Fortschritte in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Machine Learning, und Sensorentwicklungen bei Radar, Lidar, GPS und dem Computer basierenden Sehen hat Herstellern und Entwicklern die Möglichkeit gegeben, die Möglichkeiten des Autonomen Fahrens in deren Flotten rapide zu verbessern. Damit steigerte sich auch das Investmentvolumen dort enorm. Aufgrund der variierenden Levels arbeiten viele führenden Hersteller daran, fortschrittlichere und ganzheitliche Kontrollsysteme in die Fahrzeuge zu integrieren.
Im innerstädtischen Bereich verzeichnet der Automobilmarkt einen Anstieg von kleineren Lieferfahrzeugen, die sich diese Technologien zu Nutze machen. Ein Beispiel dafür ist der „Nuro“, der ” die letzte Meile” bei der Zustellung damit möglichst effizient gestalten kann. „Waymo One“ hat damit begonnen ein Level 4 Personenverkehr Service in Phoenix anzubieten.
Im Personenverkehr sind momentan die meisten autonomen Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen dem Level 3 zuzuordnen, eine Automatisierung bei der der “Safety Driver” immer noch notwendig ist. In risikobehafteten Situationen und nach Aufforderung ist dieser in der Lage, mit dem Steuer zu interagieren. Zoox entwickelt und produziert bereits ein vollautomatisiertes Level 5 Robotaxi, das speziell für den Personentransport designed wurde. Hardware, weitreichende Software, Kameras, Radars und Lidars in Kombination mit GPS-Karten arbeiten zusammen, um Passagiere in Zukunft sicher in dichten städtischen Umgebungen zu befördern.
Wie ist die Situation bei Zoox und wann sind Serienproduktionen und eine Kommerzialisierung denkbar?
Julian Bartsch: Zoox hat sich zum Ziel gesetzt, ein autonomes Fahrzeug von Grund auf anders zu entwickeln und zu produzieren als ein herkömmliches. Wir glauben, dass ein Fahrzeug, das ursprünglich um den menschlichen Fahrer herum entwickelt worden ist, nicht die richtige Plattform darstellt, um automatisiertes Fahren in Zukunft sicher und kommerziell in der Stadt anbieten zu können.
Zoox hat eine ganzheitlich neue Fahrzeug-Plattform entwickelt, die bewusst um die neue Technologie herum designed und entwickelt wurde. Dort werden Sensor-, Lidar- und Kamerapositionen an optimalen Stellen positioniert, die Energiekapazität ist ausgelegt für den täglichen, ununterbrochen und “fail operational” Service. Das Fahrzeug besitzt Bidirektionalität, um gefährliche Drei-Punkt Wendemanöver oder U-Turns (180 Grad Wendemanöver) vermeiden und eine Vier-Rad Steuerung bzgl. Genauigkeit und Kundenkomfort ermöglichen zu können. Diese Level 5 (volle Automatisierung) Fahrzeug-Plattform ist momentan in der mittleren Prototypen-Fertigung, Testphase und Validierung in seriennahem Design. Des Weiteren haben wir eine größere Flotte von Level 3-Fahrzeugen (konditionelle Automatisierung) in städtischen Umgebungen wie z.B. in San Francisco eingesetzt, um unsere Software und Hardware zu testen und damit geografische Daten und mögliche Szenarien aufzuzeichnen. Bei unserer Level 3-Flotte ist die geometrische Sensorposition identisch mit der unseres neuen Level 5-Fahrzeuges, um sicherzustellen, dass jegliche Szenarien und Entwicklungen direkt übertragbar auf die neue Fahrzeug-Plattform sind. Zoox hat sich verpflichtet, eine Vollautomatisierung auf den Markt zu bringen. Dieses Ziel werden wir in naher Zukunft erreichen.
Wie können deutsche OEMs und KMU hiervon profitieren?
Julian Bartsch: Deutschland und seine Automobilindustrie ist und wird auch in Zukunft ein sehr wichtiger Partner bei der Entwicklung von autonomen Fahrzeugen bleiben. Große OEMs wie zum Beispiel Daimler oder VW kooperieren bereits mit Firmen für Softwareentwicklung oder künstlicher Intelligenz aus dem Silicon Valley. Bekannte Zulieferer wie Bosch und Continental investieren hohe Summen in diese neuen Technologien. Aber: Es benötigt nicht nur die Zusammenarbeit zwischen großen deutschen Unternehmen und dem Silicon Valley, sondern auch die Angebote der Ingenieurs- und Fertigungsdienstleister. Deutsche Automobilzulieferer haben enorme Erfahrung sowie Entwicklungs- und Fertigungskapazitäten, die ursprünglich für die traditionelle Automobilindustrie aufgebaut wurden, die jetzt aber auch den Aufschwung der „neuen“ Automobilindustrie unterstützen können. Wir von Zoox zum Beispiel arbeiten eng mit dem deutschen Automobilzulieferer ZF zusammen.Das Unternehmen mit Standort im Saarland lieferte uns Insassenschutzsysteme und Fahrwerkmodule für das Zoox RoboTaxi sowie Dienstleistungen aus der Fertigung und der Montage. Des Weiteren gibt es große Potentiale in den Bereichen Service und Aftermarket Ich sehe auch Potential bei der Instandhaltung oder beim Service der autonomen Flotten: Ingenieurdienstleistungen, Ersatzteile und/oder Equipment Services bei L3, L4 oder L5 Fahrzeugen. Die autonome Fahrzeugindustrie ist noch sehr jung und bietet sehr große Entwicklungsmöglichkeiten für die traditionelle deutsche Automobilindustrie durch ein Umlenken in Richtung dieser neuen Mobilitätslösungen.
Was sind die unmittelbaren Vorteile des autonomen Fahrens und welche Auswirkungen sind zu erwarten?
Julian Bartsch: Es gibt ökologische und gesellschaftliche Vorteile wie zum Beispiel die Verminderung von Fahrzeugemissionen oder die Erhöhung der Produktivität, wenn sich die Insassen auf anderes als das Fahren konzentrieren können. Meiner Meinung nach gibt es zwei bedeutende Vorteile, die die Mission und Vision aller Unternehmen auf dem Markt der autonomen Fahrzeugentwicklung vorantreiben: Zum einen die Sicherheit: Das Potential autonomer Fahrzeuge Leben zu retten und Verletzungen zu reduzieren ist immens. Unsere Zoox Sensoraufbau kreiert ein 360 Grad Sichtfeld, das sich 150 Meter um das Fahrzeug ausbreitet. Egal ob Nacht, Regen oder Nebel, das Fahrzeug kann seine Umgebung frühestmöglich wahrnehmen. Damit kann das Fahrzeug Situationen erkennen und entsprechend reagieren, was einem menschlichen Fahrer in herkömmlichen Fahrzeugen niemals möglich wäre.
Innerhalb des städtischen Bereichs sind alle selbstfahrende Fahrzeuge miteinander verbunden und können miteinander kommunizieren, was den Verkehrsfluss erheblich verbessert. Städtebaulich kann auf Parkplätze verzichtet werden, da die Fahrzeuge optimiert eingesetzt werden, um Leerzeiten zu vermeiden.

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